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Angelobung Wehrpflichtiger in Kiew, 29. Jänner 2015.

Foto: REUTERS/Gleb Garanich

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Bogdan Owtscharuk, Mediensprecher von Amnesty International Ukraine, hat bei der Präsentation des Amnesty-Jahresberichts 2014/15 in Wien beiden Konfliktparteien schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Besonders gefährlich sei die willkürliche Bombardierung von bewohnten Gebieten sowie das Erwidern des Feuers aus diesen Gebieten, sagte Owtscharuk. Russland solle daher aufhören, die Separatisten zu unterstützen und ihnen Waffen zu liefern.

Gleichzeitig verurteilte er die massive Verletzung von Menschenrechten im Umfeld der Proteste auf dem Kiewer Maidan-Platz. Der ukrainischen Regierung warf er insbesondere vor, noch immer keine Ermittlungen gegen die Schützen bei den Protesten vor einem Jahr eingeleitet zu haben.

Journalisten unter Druck

Besorgniserregend ist laut dem AI-Sprecher die Lage der Medien in der Ukraine. Einerseits würden diese immer öfter für Propagandazwecke missbraucht, andererseits müssten Journalisten Strafverfolgung fürchten.

Als Beispiel nannte er den Journalisten Ruslan Kuzaba, der verhaftet wurde, weil er die Situation in der Ukraine als "Bürgerkrieg" bezeichnet und die militärische Aufrüstung im Land kritisiert habe (etat.at berichtete). Amnesty bezeichnet ihn als "Gewissensgefangenen" - den ersten in der Ukraine seit fünf Jahren.

Kuzaba ist in der Ukraine nicht unumstritten: Er besuchte zu Recherchezwecken die Separatisten in Luhansk, verurteilte "Bürgerkrieg und Brudermord" und nahm ein Youtube-Video (französische Übersetzung hier) auf, in dem er angab, es sei sinnlos, ihm einen Einberufungsbefehl zu schicken. Schließlich sei in der ukrainischen Verfassung festgehalten, dass eine Mobilmachung nur im Falle einer Kriegserklärung erfolgen könne.

Wehrdienstverweigerung

Er wolle lieber die für Wehrdienstverweigerung vorgesehene Haftstrafe von bis zu fünf Jahren verbüßen, als auf seine Landsleute zu schießen, verkündete Kuzaba. Er wurde darauf vom Geheimdienst SBU verhaftet und sitzt seither in seiner Heimatstadt Iwano-Frankiwsk in Untersuchungshaft. Die Anklage lautet auf Hochverrat, im Fall einer Verurteilung drohen ihm 15 Jahre Haft.

Die von der ukrainischen Regierung angeordnete Mobilisierung läuft äußerst schlecht: Präsidentenberater Juri Birjukow schrieb Anfang Februar in einem kurz darauf gelöschten Facebook-Posting, in der rumänischen Grenzregion zur Ukraine seien Herbergen und Motels völlig ausgebucht, weil sich so viele junge Männer vor dem Militärdienst drücken wollten.

Das ukrainische Parlament hat mittlerweile mit großer Mehrheit ein Gesetz verabschiedet, das es Kommandanten erlaubt, auf Deserteure zu schießen, solange diese dabei nicht getötet werden. Außerdem wird erwogen, auch Frauen im Alter zwischen 20 und 50 Jahren einzuberufen. (bed, derStandard.at, 25.2.2015)